Stellungnahmen
der zum Landtag von NRW kandidierenden Parteien auf die
Fragen
des AK Zivilklausel und des AStA
der Universität Köln
Die
Universitäten in Nordrhein-Westfalen sind in den letzten
Jahren durch permanente Unterfinanzierung und ihre unternehmerische
Ausrichtung u.
a. durch Bestimmungen des Hochschulfreiheitsgesetzes daran behindert
worden,
eine Forschung, Lehre und Bildung in gesellschaftlicher Verantwortung
zu
entwickeln. Studierende, Lehrende, Gewerkschafter*innen und
Friedensinstitutionen
engagieren sich angesichts dessen bundesweit für eine
wissenschaftliche
Tätigkeit, die auf die Lösung der drängenden
gesellschaftlichen Probleme
gerichtet ist und zur Verwirklichung einer zivilen Entwicklung der
Gesellschaft, zu
Abrüstung und zur allgemeinen Verbesserungen und Humanisierung
der Lebensbedingungen
beiträgt.
Angesichts der anstehenden Landtagswahlen in NRW und
der geplanten Novellierung des Landeshochschulgesetztes haben der AK
Zivilklausel und
der AStA der Universität Köln folgende Fragen an die
für den Landtag NRW kandidierenden Parteien gestellt.
Die
NRW SPD hat auf unsere Fragen nicht geantwortet, aber auf ihrem
Parteitag vom 24. September 2011 beschlossen,
dass eine zivile Orientierung der Wissenschaft im Landeshochschulgesetz
festgeschrieben werden soll:
Beschluss
der NRW SPD als PDF.
DIE
LINKE,
die Piratenpartei, die FDP und Bündnis '90/Die Grünen
haben
auf unsere Fragen geantwortet:
1. Frage:
Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, damit die
Hochschulen Ihrer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden und
zu einer zivilen, demokratischen und sozialen Entwicklung der
Welt beitragen?
|
DIE LINKE:
„DIE
LINKE setzt sich für eine Forschung, Lehre und
Wissenschaft ein, die sich der Geißel des Krieges und den
damit verbundenen
wirtschaftlichen Industrieinteressen entgegenstellt. In unserem Entwurf
des neuen Hochschulgesetzes in NRW fordern wir deswegen folgerichtig,
eine Forschungsfolgenverantwortung im Sinne einer Zivilklausel
für
alle Hochschulen in NRW fest in den Grundordnungen der
Hochschulen
vorzuschreiben.
Um die zivile, demokratische und soziale Entwicklung der Welt positiv
zu beeinflussen, müssen die Hochschulen NRWs zuallererst
selbst
diesem Ansinnen entsprechen. Unsere Vorstellungen dazu finden Sie in
den folgenden Antworten auf Ihre Fragen.“
Piratenpartei:
„Die
Hochschulen nehmen eine zentrale Rolle in dem bildungspolitischen
Konzept der Piratenpartei NRW ein. An den Fachhochschulen und
Universitäten wird neues Wissen geschaffen
und das bisherige Wissen an die nächste Generation
weitergegeben. Sie
leisten damit einen unvergleichbaren und wertvollen Beitrag
für die
Gesellschaft. Nur durch eine ausreichende finanzielle Versorgung sind
die Hochschulen von
externen Geldgebern unabhängig und können ihrer
gesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden.“
FDP:
„Nach
dem Verständnis der FDP kommt den Hochschulen in
erster Linie keine Erziehungsfunktion zu, steuernd und meinungslenkend
in die Gesellschaft einzugreifen. Dies widerspricht unserer Auffassung
von
freier Entfaltung, vom freiem Studenten und freier Wissenschaft. Wir
wollen
die liberale Bürgergesellschaft, in der der Einzelne nicht
losgelöst von seinen Mitbürgern lebt, sondern
gemeinsam mit ihnen in einer Wertegemeinschaft. Diese ist
geprägt von Weltoffenheit, Toleranz und
Solidarität und ist der Menschenwürde verpflichtet.
Ohne Zweifel sind Hochschulen
akademische und gesellschaftliche Institutionen, denen die
verschiedensten
Funktionen zukommen und die unterschiedlichste Aufgaben wahrnehmen. So
vermitteln sie wissenschaftliche Lehre (Studium und Weiterbildung),
betreiben
Forschung und schaffen damit neues Wissen, verleihen
Studienabschlüsse
als akademische Grade. Schließlich findet man bei ihnen auch
vielfältige Formen des gesellschaftlichen Engagements. Die
Aufgaben schließen
sich gegenseitig nicht aus, sie lassen sich vielmehr zum individuellen
Profil einer
jeden Hochschule verbinden. Über das Engagement von
Hochschulen in
Forschung und Lehre hinaus gibt es vielfältige
Aktivitäten, die
die Liberalen befürworten und unterstützen: etwa in
der Weiterbildung, im
Technologietransfer, im Dialog mit der Öffentlichkeit, in der
Kulturarbeit, der Integration
oder kommunalen Entwicklung.“
Bündnis
'90/Die Grünen:
„Wir
Grüne wollen einen Beitrag zu einer gerechteren,
friedlicheren, ökologischeren, wirtschaftlich
zukunftsfähigeren und
nachhaltigeren Welt leisten. Dazu gehören vielfältige
Maßnahmen
an den Hochschulen:
- Die
Hochschulen sollen verstärkt als Vorbild in
Sachen Demokratie, Familienfreundlichkeit, Gleichstellung und
Diversität fungieren
- Die
Zivilgesellschaft, z. B.
Nichtregierungsorganisationen
aus dem Umwelt- und Eine-Welt-Bereich, soll stärker in die
Entwicklung
der Hochschulen eingebunden werden
- Forschung
und Lehre an den Hochschulen (und
Forschungseinrichtungen) sollen friedlichen und zivilen Zwecken dienen
und neben einer regionalen auch eine globale Perspektive einnehmen
- Der
Zugang an die Hochschulen soll
erleichtert
und die
Studienbedingungen stärker an den Bedürfnissen der
Studierenden ausgerichtet werden, damit mehr Menschen ein Studium
erfolgreich absolvieren können“
|
2. Frage:
Halten Sie die zunehmende finanzielle Abhängigkeit
der
Hochschulen von Drittmittelgeber für problematisch oder
ausbauwürdig?
|
DIE LINKE:
„DIE
LINKE hält die grundsätzliche wirtschaftliche
Abhängigkeit der „unternehmerischen
Hochschule“ für
bedenklich und steuert dieser entgegen. Allerdings sind nicht die
Hochschulen die
„Bösewichter“, die drittmittelstarke
Forschungszweige fördern und andere reduzieren bzw. ganz
schließen.
Hochschulen handeln, wie vom damaligen CDU/FDP-Gesetzgeber
gewünscht, wirtschaftlich rational, denn sie erhält
mehr staatliche Mittel bei höheren Drittmitteln -
Forschung, Bildung und
Wissenschaft müssen sich nach diesem System rechnen. Diesem
Gedanken stellt sich DIE LINKE entgegen. Bildung ist für uns
keine Ware, Menschen keine
Produktionsmasse und Individualität (wie Geschlecht, sexuelle
Orientierung,
Behinderung, Hautfarbe, sozialer Status usw.) kein
Opportunitätskostenfaktor. Hochschulen müssen
dringend wieder zurück zu ihrem
gesellschaftlichen Auftrag, nämlich Hochschulbildung
für alle Menschen anzubieten, kritisch
reflektierte Wissenschaft zu ermöglichen, um so Forschung und
Fortschritt
über die größtmögliche
Heterogenität ihrer Studierenden, Lehrenden und
Beschäftigten zu gewährleisten. So lange aber die
chronische
Unterfinanzierung der Hochschulen noch andauert und Drittmittel einen
wichtigen Faktor im Hochschuletat einnehmen, sollten diese (nur zu
zivilen Zwecken eingeworbenen Mittel) zumindest zu 20 Prozent in den
allgemeinen
Haushalt der jeweiligen Hochschule fließen, um
Infrastrukturmaßnahmen wie Kinderbetreuungsplätze,
Sportanlagen etc. zu
ermöglichen. Über die genaue Verwendung
müsste dann der paritätisch besetze Senat
entscheiden.“
Piratenpartei:
„Die
Abhängigkeit der Hochschulen von Drittmitteln hat
mittlerweile ein problematisches Ausmaß erreicht. Die
Piratenpartei NRW setzt
sich dafür ein, den Hochschulen ausreichende Mittel zur
Verfügung zu stellen,
um ihren aufgetragenen Aufgaben gerecht zu werden. Wenn Drittmittel aus
der Privatwirtschaft für Forschung eingesetzt werden, so
fordert
die Piratenpartei eine Offenlegung der Geldgeber sowie die
Öffentlichmachung der
Forschungsergebnisse. Die Piraten wenden sich gegen auf diese Art
entstandene Patente.“
FDP:
„Drittmittel
für Forschung und Lehre sind ein wesentliches
Element des Wettbewerbs zwischen den Hochschulen und eine wichtige
zusätzliche Finanzquelle. Drittmittel sind für die
Hochschulen in der
heutigen Zeit existenziell für die Forschung. Aber auch die
Lehre profitiert
hiervon. Um die Hochschulen vor dem Vorwurf der Abhängigkeit
zu bewahren,
regen die Liberalen an, dass sich Hochschulen bei Zuwendungen Privater
einen
Kodex geben und diesen auch befolgen. Ein gutes Beispiel
hierfür ist
der Kodex der Goethe-Universität Frankfurt: „Die
Freiheit von
Forschung und Lehre und die Unabhängigkeit der
Goethe-Universität von
wirtschaftlichen und partikularen Interessen sind zu
gewährleisten.
Darüber hinaus sind wir der Auffassung, dass den Hochschulen
zur Erfüllung ihrer Aufgaben in Forschung und Lehre
langfristig die
Möglichkeit eingeräumt werden sollte, eigenes
Vermögen zu bilden. Stiftungsrecht,
Erbrecht und Steuerrecht sind so zu verändern, dass es
für
Privatpersonen und Unternehmen attraktiver wird als bisher, Hochschulen
finanziell zu unterstützen. Das Hochschulsponsoring soll nicht
durch
bürokratische Hemmnisse behindert werden. Die Unternehmen
sollen ermutigt werden, Stiftungsprofessuren zu vergeben. Drittmittel
und Spenden
dürfen jedoch nicht auf die Grundausstattung angerechnet
werden.“
Bündnis
90/Die Grünen:
„Problematisch
für den Betrieb der Hochschulen
ist vor allem die Entwicklung der letzten Jahre, dass die
Grundfinanzierung
gegenüber Drittmitteln an Bedeutung verliert. Daraus entsteht
eine
Abhängigkeit von Drittmitteln. Daher ist es wichtig, dass alle
Bundesländer
– und auch der Bund – sich für eine
Stärkung der
Grundfinanzierung der Hochschulen einsetzen Wir sehen die Situation mit
den Drittmitteln nicht als unproblematisch
an. Zwar stammen 75% der Drittmittel an den Hochschulen in Deutschland
von der öffentlichen Hand – das Problem an diesen
ist vor
allem die Projektorientierung zu Lasten der Grundfinanzierung. Die
übrigen 25 % kommen aber aus der Privatwirtschaft.
Diesbezüglich haben in
letzter Zeit einige Fälle gezeigt, dass die dabei bestehende
Abhängigkeit der Hochschulen zu Intransparenz und einem
steigenden Einfluss der
Drittmittelgeber führen. Daher bedarf es dringend mehr
Transparenz bei Kooperationen zwischen Privatwirtschaft und
Hochschulen, um zu
verhindern, dass diese zu Lasten der Hochschulen und der
grundgesetzlichen Freiheit
von Forschung und Lehre ausgestaltet werden. Wir werden uns
dafür
einsetzen, dass hierfür ein landesweiter Kodex erstellt und an
allen
Hochschulen angewandt wird.“
|
3. Frage:
Wie soll eine ausreichende öffentliche Finanzierung
der
Hochschulen ermöglicht werden, ohne in anderen
gesellschaftlichen
Bereichen der öffentlichen Daseinsvorsorge finanzielle
Kürzungen
vorzunehmen?
|
DIE
LINKE:
„Eine
der wesentlichen Forderungen der LINKEN ist es, die
Einnahmenseite des Landes NRW zu stärken. Mit einer Steuer auf
große Vermögen über 1 Mio.€
kämen allein
dem Landeshaushalt 16 Mrd.€ mehr zu Gute und damit
wäre genügend Geld für die Hochschulen in
NRW vorhanden, Drittmittel
unabhängig Wissenschaft, Forschung und Lehre der
Gesellschaft anzubieten; Studienplatzengpässe würden
der
Vergangenheit angehören und die Hochschulen könnten
auch sozial Schwächeren,
chronisch Kranken, studierenden Eltern und Frauen beliebter Arbeits-
und Studienplatz sein.“
Piratenpartei:
„Eine
Möglichkeit für die direktere
Finanzierung von Hochschulen besteht in der Umverteilung von
Drittmitteln aus staatlichen Förderprogrammen. Diese
Fördergelder sollten den
Hochschulen direkt als Erstmittel zur Verfügung gestellt
werden, damit die
Hochschulen ihrer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden
können.
Letztendlich sehen die NRW-Piraten Grundlagenforschung und
wissenschaftliche Lehre als einen gesamtgesellschaftlichen Auftrag an.
Auf Landesebene setzt sich die Piratenpartei NRW für eine
solide Haushaltspolitik und
für Steuererhöhungen ein. Das bedeutet, dass eine
ausreichende Finanzierung von Hochschulen nicht zwangsläufig
auf Kosten anderer Bereiche erfolgen muss. Studiengebühren
lehnen die Piraten weiterhin ab.“
FDP:
„Gute
Hochschulbildung erfordert auch eine angemessene finanzielle
Ausstattung. Unter Regierungsbeteiligung der Liberalen bis 2010 wurde
die Zeit der chronischen Unterfinanzierung der
nordrhein-westfälischen Hochschulen beendet. Mit der FDP wird
diese Zeit auch nicht
zurückkehren. Für uns ist klar, dass im
Hochschulbereich gerade angesichts
der gewaltigen Herausforderungen der Zukunft nicht gespart werden darf.
Da es
für das Land jedoch schon eine enorme finanzielle
Herausforderung ist, die Grundausstattung dem Bedarf anzupassen, ist
nach Auffassung der
Liberalen die von Rot-Grün mangelhaft und
ausschließlich
über Neuschulden finanzierte Kompensation des Wegfalls der
Studienbeiträge ein falscher
Schritt gewesen, der faktisch zu einem Mittelentzug geführt
und die Hochschulen
geschwächt hat.
Wir halten es für äußerst problematisch,
dass entgegen allen rot-grünen Beteuerungen die
Einnahmeverluste der Hochschulen durch den Wegfall der
Studienbeiträge nicht umfassend und verteilungsgerecht
kompensiert werden. Die Summe der
„Kompensationsmittel“
beträgt statisch 249 Millionen Euro – eine Anpassung
an den neuen Rekordstand bei den Studienanfängern erfolgt
nicht. Diese Summe reicht bei weitem nicht, um die erreichten
Verbesserungen der Studienbedingungen zu erhalten. Die Zahlen machen
deutlich, welche finanzielle Lücke bereits jetzt bei den
Hochschulen klafft: Im Wintersemester 2009/2010 als Basisjahr der
„Ausgleichsmittel“ studierten rund 500.000 junge
Menschen in Nordrhein-Westfalen. Im Wintersemester 2011/2012 sind es
bereits über 586.000. Nach
Einschätzung der Vorsitzenden der Landesrektorenkonferenz,
Ursula Gather, könnte die
Finanzierungslücke im Jahr 2013 auf 50 Millionen Euro
anwachsen. Bei den wegen des
doppelten Abiturjahrgangs weiter ansteigenden Studierendenzahlen werden
sich die derzeit absehbaren Qualitätseinbußen daher
weiter
verfestigen und die Planungssicherheit für die Hochschulen
wird weiter abnehmen.
Das ist für uns nicht hinnehmbar.
Wenn wir das akademische Niveau unserer Hochschulen erhalten und
verbessern wollen, müssen in Zeiten begrenzter Haushaltsmittel
auch Hochschulabsolventen einen verantwortungsvollen finanziellen
Beitrag
leisten. Diese Studienbeiträge sollen künftig
nachgelagert
einkommensabhängig mit Eintritt ins Berufsleben
fällig werden. Das ist fair, auch
gegenüber dem Handwerksmeister, der für seine
Ausbildung selbst aufkommen
muss. Dabei ist es für uns eine
Selbstverständlichkeit, dass die
Beiträge den Hochschulen als zusätzliche Mittel
ausschließlich für
die Verbesserung der Bedingungen von Studium und Lehre zur
Verfügung gestellt werden und damit
unmittelbar den Studierenden zugute kommen. Zudem müssen die
Studierenden
ein Mitspracherecht bei der Mittelverwendung haben.“
Bündnis
90/Die Grünen:
„Die
finanzielle Förderung von Wissenschaft und
Hochschulen muss endlich als eine gemeinsame Aufgabe von Bund und
Ländern
verstanden werden. Dazu gehört, dass auch der Bund seiner
Pflicht
nachkommt und deutlich mehr Finanzmittel für die Hochschulen
bereitstellt.
Deutschland hat sich darauf verpflichtet künftig 10 % des
Bruttoinlandsprodukts für Bildung auszugeben. Die hierzu noch
fehlenden Mittel sollen nicht nur in die Forschung oder fehlgeleitete
Kurzfristprojekte fließen, sie
müssen auch der Grundfinanzierung der Hochschulen zu Gute
kommen. Daher wollen wir uns dafür einsetzen, dass die
grundgesetzlichen Hürden
für eine dauerhafte finanzielle Beteiligung des Bundes an
Hochschulen abgeschafft werden
und dass der Hochschulpakt ausgeweitet wird.“
|
4.
Frage:
Wie soll das Landeshochschulgesetz dahingehend überarbeitet
werden, dass kollegiale Zusammenarbeit und demokratische Partizipation
ermöglicht werden?
|
DIE
LINKE:
„Die
Hochschulen in NRW
bedürfen einer dringenden Demokratisierung, welche auch in der
Vergangenheit nicht stattgefunden
hat. DIE LINKE will auf mehreren Ebenen versuchen, demokratische
Mitbestimmung und Partizipation von Gesellschaft und Mitgliedern
herzustellen. Innerhalb der Hochschule bedarf es da
paritätisch besetzter und entscheidender Gremien (Senat,
Fakultätsräte,
Ausschüsse usw.), die nur in Ausnahmefällen (!) eine
Mehrheit der ProfessorInnenschaft
vorsehen kann. Die Hochschulfreiheit muss in eine wissenschaftliche
Hochschulautonomie umgewandelt werden, mit Landesbediensteten und
sozial abgesicherten und
personalratlich vertretenden studentischen und nichtstudentischen
Angestellten. Die Kontrolle der Hochschulen (von außerhalb)
durch die
Gesellschaft muss ebenfalls gewährleistet werden. Um zu
überprüfen, ob die autonomen Hochschulen ihren
gesellschaftlichen Aufgaben auch nachkommen, bedarf
es vor Ort eines Gremiums, bei dem die örtlich demokratisch
legitimierten Entscheidungsträger sich in Kommunikation mit
der Hochschule
anhand deren Rechenschaftsberichte und Zukunftsplanungen beteiligen
können.
Nur so kann unter anderem eine Zivilklausel als
Forschungsfolgenverantwortung praktikabel sichergestellt
werden.“
Piratenpartei:
„Die
schwarz-gelbe Landesregierung hat mit
demHochschulfreiheitsgesetz die Hochschulen in eine Scheinfreiheit
entlassen. DiePiratenpartei NRW setzt sich für eine
Abschaffung der
Hochschulräte ein. Dadurch soll den Hochschulen ein Teil ihrer
Autonomie zurückgegeben
werden. Wir streben eine Gleichberechtigung von Mitarbeitern,
Studierenden und Professoren
in den Hochschulgremien an.“
FDP:
„Die
FDP NRW bekennt sich ausdrücklich zur studentischen
Mitbestimmung. Es ist wichtig und richtig, dass das
Hochschulfreiheitsgesetz studentische Mitbestimmungsrechte
über die verfasste
Studierendenschaft, Studierendenparlament (StuPa) und Allgemeinen
Studierendenausschuss (AStA) vorsieht. Möglichst viele
Studierende sollten von
diesen Mitbestimmungsmöglichkeiten auch Gebrauch machen. Sorge
bereitet uns in diesem Zusammenhang vor allem die bei nur 10 bis 20
Prozent liegende niedrige Wahlbeteiligung bei den
Studierendenparlamentswahlen. Repräsentativität ist
bei einer solch niedrigen
Wahlbeteiligung nur sehr schwer zu erzielen. Hier wollen wir ansetzen.
Demokratische Prozesse,
für die der Meinungspluralismus unabdingbar ist, leben von der
Beteiligung. Wichtig
ist uns ebenfalls, dass StuPa und AStA verantwortungsvoll und
transparent
mit dem in sie gesetzten Vertrauen der Studierenden und den ihnen zur
Verfügung gestellten Mitteln umgehen.“
Bündnis
90/Die Grünen:
„Mit
der Novelle des Hochschulgesetzes NRW wollen wir
landesweite Regelungen für mehr Mitbestimmung und
Partizipation in Arbeit
und Studium an den Hochschulen umsetzen. Dazu gehört vor allem
eine
deutliche Stärkung der Mitbestimmungsrechte der Studierenden
und des Mittelbaus. Dies soll
unter anderem durch die Einführung der Viertelparität
in allen Gremien und durch die Stärkung der Senate erreicht
werden.“
|
5.
Frage:
Soll bei den Ba/Ma Studiengängen der Master-Abschluss zum
Regelabschluss werden?
|
DIE
LINKE:
„Bei
der Beantwortung dieser Frage kommt es darauf an, was
unter „Regelabschluss“ zu verstehen ist. Nach dem
Verständnis der LINKEN muss gewährleistet sein, dass
alle Studierenden mit
Bachelorabschluss einen Master machen können, wenn sie denn
wollen! Allerdings muss
den Studierenden die Entscheidung auch offen stehen - und wir meinen
damit:
ohne jeglichen sozialen oder wirtschaftlichen Zwang - nach dem Bachelor
einen Arbeitsplatz anzutreten. Allerdings muss der individuelle
Studienverlauf auch individuell studierbar gestaltbar sein. Wir wollen
niemandem vorschreiben, dass sie oder er den Master machen muss, um
gesellschaftlich partizipieren zu können!
Grundsätzlich bedarf es
dabei aber auch noch vieler Änderungen im Hochschulgesetz
hinsichtlich der Studierbarkeit
der Studiengänge, der Berufsbilder, der Mobilität von
Hochschule zu Hochschule (auch unabhängig von FH und Uni) und
der
Berücksichtigung der vorgeschriebenen
„Regelstudienzeit“; diese Faktoren
dienen derzeit alle als Selektionsfaktoren bei der Entscheidung pro
oder kontra
Masterstudienplatz.“
Piratenpartei:
„Die
Piratenpartei NRW setzt sich dafür ein, dass
jeder Studierende nach Abschluss seines Bachelors die
Möglichkeit
erhält, ein Master-Studium aufzunehmen. Insgesamt jedoch muss
der Bologna-Prozess weiter ausgearbeitet werden.“
FDP:
„Diese
Auffassung teilt die FDP nicht. Wir wollen keinem
Bachelor-Absolventen diktieren, dass er einen Master machen muss bzw.
wann und
wo er diesen zu machen hat. Sowohl Bachelor- als auch Masterstudium
haben eigenständige Profile. Sie sollen der Vielfalt der
individuellen, akademischen und arbeitsmarktbedingten
Bedürfnisse gerecht werden. Der
Bachelor-Abschluss ist der erste berufsqualifizierende Abschluss. Das
ist der
Kern des Bachelor-Master-Systems sowohl im europäischen
Kontext als
auch in den gemeinsamen Strukturvorgaben der Länder. Einen
Masterabschluss
als Muss für alle zu fordern, verkennt, dass mit dem Bachelor
ein
echter akademischer Abschluss für den Einstieg in den
Arbeitsmarkt vorhanden ist
und missachtet dessen Rolle in einem zweistufigen
Studiensystem.“
Bündnis
90/Die Grünen:
„Zentral
ist hierbei – und dies wollen wir
erreichen –, dass alle, die ein Bachelor- oder MasterStudium
beginnen wollen, auch einen Studienplatz erhalten. Es gilt alle Talente
zu fördern und so für
mehr Chancengleichheit und soziale Gerechtigkeit zu sorgen. Dies gilt
es auch vor dem Hintergrund
der notwendigen Fachkräftesicherung zu garantieren. In diesem
Zusammenhang fordern wir vom Bund gemeinsam mit den Ländern
den
Hochschulpakt um eine Masterkomponente auszuweiten, damit
zusätzliche
Master-Studienplätze finanziert werden
können.“
|
6.
Frage:
Sollen die Hochschulräte abgeschafft werden?
|
DIE LINKE:
„Ein
ganz klares: JA! Weder sind Hochschulräte
demokratisch legitimiert, noch sind sie kompetent eine Hochschule
steuern zu
können. Die Bertelsmänner dürfen gerne
weiterhin unternehmerische
Organisationsformen dieser Art entwerfen. Allein DIE LINKE wird diesen
Modellen nicht
folgen! Eine sozial gerechte, inklusive Hochschule braucht keinen
Aufsichtsrat und niemanden, der außerhalb der
gesetzgeberischen Kompetenz
über die Hochschule entscheidet. DIE LINKE hat
übrigens bereits einen Gesetzesantrag in den Landtag
eingebracht, der bislang aber noch nicht entschieden wurde.
Rot/Grün hatte Angst, ihre eigenen
Wahlversprechen, die im Koalitionsvertrag vernachlässigt
wurden, einzuhalten. Wir
stehen zu unserem Wort und werden nach Einzug in den Landtag ein neues
Hochschulgesetz ohne Diktatur der Hochschulräte vorlegen und
dafür kämpfen!“
Piratenpartei:
„Die
Piratenpartei NRW fordert in ihrem aktuellen Wahlprogramm,
den Hochschulrat als undemokratisches Gremium umgehend wieder
abzuschaffen. Wir wollen eine kritische Prüfung und eine
Revision des
Hochschulfreiheitsgesetzes.“
FDP:
„Die
FDP will den Hochschulrat als Beratungs- und Aufsichtsgremium
erhalten. Er ist unverzichtbarer Bestandteil der Hochschulfreiheit und
hat dringend benötigte Kompetenzen in die Hochschulen
eingebracht.
Als Aufsichtsgremium stellt er sicher, dass die
Selbständigkeit
der Hochschule durch das Land oder das Wissenschaftsministerium nicht
eingeschränkt wird. Der Rat berät die Hochschule bei
der Arbeit, Lehre und
Forschung und hilft ihnen, ihre Ressourcen optimal einzusetzen. Und
nicht zuletzt bringt er
der Hochschule durch seine Zusammensetzung wichtige
Fürsprecher in
Gesellschaft, Politik und Wirtschaft, wodurch es zu einer deutlich
engeren Verbindung zwischen Hochschulen, Gesellschaft und Wirtschaft
kam und kommt. Bei den gesetzlichen Regelungen hinsichtlich der
Hochschulräte sind im Zuge der von uns angestrebten
wissenschaftlichen Evaluation des Hochschulfreiheitsgesetzes
Weiterentwicklungen denkbar wie z.B.
hinsichtlich der Abberufung von Hochschulratsmitgliedern, der
Zusammensetzung oder der doppelten Legitimierung durch Hochschule und
Staat.“
Bündnis
90/Die Grünen:
„Wir
wollen die
Hochschulräte abschaffen. Die derzeitige Konstellation, die
mit dem schwarz-gelben Hochschulfreiheitsgesetz geschaffen wurde,
ist nicht hinnehmbar. Es handelt sich um Strukturen, die nicht mit dem
Leitbild selbstverwalteter Hochschulen in Einklang stehen und an deren
demokratischer Legitimation zu zweifeln ist. Mit der Einrichtung von
Hochschulräten ist auch eine nicht adäquate
Schwächung der Senate einhergegangen. Daher wollen wir die
Senate wieder stärken.“
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7.
Frage:
Soll eine Zivilklausel im neuen Landeshochschulgesetz verankert
werden?
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DIE
LINKE:
„Ganz
klar und explizit: JA! (siehe Frage 1). Kampfmittel-
und Kriegsforschung steht dem Ziel einer sozial gerechten, inklusiven
„Hochschule für Alle“ entgegen! Forschung
darf nur zum Wohle der
Menschheit ohne militärische Mittel durchgeführt
werden.“
Piratenpartei:
„Eine
Zivilklausel sehen wir als eine Selbstverpflichtung von
Hochschulen an, sich an keinen militärischen- oder
rüstungstechnischen Forschungszwecken zu beteiligen. Als Teil
unseres Konzeptes der Selbstverwaltung von Hochschulen wollen wir diese
über eine
solche Selbstverpflichtung zu einer Zivilklausel selbst entscheiden
lassen.
Eine Zivilklausel in einem Landeshochschulgesetz zu verankern wird von
der Piratenpartei NRW nicht gefordert.“
FDP:
„Dass
Lehre, Forschung und Studium an den Hochschulen der
freiheitlich-demokratischen Grundordnung entsprechen, ist für
die Liberalen evident. Schon die Präambel unserer Verfassung
nimmt auf den
Frieden der Welt Bezug.“
Bündnis
90/Die Grünen:
„Wir
wollen
einen Beitrag zu einer gerechteren, friedlicheren,
ökologischeren, wirtschaftlich zukunftsfähigeren und
nachhaltigeren Welt leisten. Daher haben wir in unserem Wahlprogramm
die Ablehnung von Militär- und Rüstungsforschung an
Hochschulen
festgeschrieben und wollen stattdessen die Friedens- und
Konfliktforschung in NRW
stärken. Hierzu wollen wir eine Zivilklausel im
Hochschulgesetz festschreiben. Gleichzeitig haben wir auch einen hohen
Anspruch an die ethische Verantwortung von Forschung und setzen uns
deshalb aktiv
für Technikfolgenabschätzung ein. Diese Schwerpunkte
sollen sich
auch in der Lehre
wiederspiegeln.“
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