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Reden der Kundgebung zum Antikriegstag 2014




Rede von Tanya Ury (Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost, Köln)


Ich bin in England als Tochter jüdischer Flüchtlinge aus Deutschland aufgewachsen und bin vor etwa zwanzig Jahren nach Köln gezogen. Die Tatsache, dass einer meiner Urgroßväter im Ersten Weltkrieg für seine Militärdienste sowie ein Großvater für seine Tätigkeit als Militärarzt in Deutschland jeweils mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet wurden, hat beide nicht vor der Judenverfolgung der Faschisten im Zweiten Weltkrieg retten können. Unsere Familie ist vom Krieg geprägt worden. Mehrere Familienmitglieder wurden in KZs ermordet, andere haben sich in Deutschland versteckt, und manche konnten ins Ausland fliehen. Als Jüdin mit diesem Hintergrund will ich Israel und meinen Mitmenschen sagen: „Nicht in unseren Namen“. Ich bin Tanya Ury und spreche für die „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost“.

Tanya Ury, Jüdische Stimme, Köln

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Wir, hier lebende Juden, schämen uns, dass so ein Verbrechen, wie die jüngste Invasion der israelischen Armee und der Massenmord an Zivilisten und Kindern, die in Gaza zur Welt gekommen sind, im Namen des Judentums begangen worden ist und begangen wird. Wir erklären uns mit allen Opfer des israelischen Militäranschlags auf dem Gazastreifen solidarisch.

Wir weigern uns Feinde von Palästinensern bzw. Arabern zu sein. Muslimische und jüdische Araber teilen eine lange Geschichte friedlichen Lebens: Juden waren ein lebendiger Teil der arabischen Welt in Libanon, in Irak, in Jemen, in Palästina und im Maghreb bis Marokko. Wir sehen vor unseren Augen, wie diese Geschichte durch Israel ausgenutzt und zerstört wird. Israel spricht aber, auch wenn es sich „jüdischer Staat“ nennt, nicht für alle Juden! Nicht für alle Juden der Welt und sogar nicht für alle Juden in Israel. Wir sehen diesen Massenmord und sind schockiert angesichts der Kinder-, der Zivilistenmorde sowie der massiven Zerstörungen. Diese Zerstörung – und das muss klar gesagt werden – passiert unter einem Besatzungszustand, wo Israel der Besatzer ist, der mit der 5. Größten Armee der Welt, trotz der Vorteile einer vernichtenden Technologie wehrlose Menschen angreift und ganze Familien auslöscht. Israel versucht die Zukunft der Palästinenser zu rauben: die israelischen Institutionen – nicht nur die Armee! Das israelische Parlament, die Justiz, die israelische Akademia und leider die meisten jüdisch israelischen Staatsbürger nehmen an dieser Zerstörung teil. Sie zerstören die Zukunft des palästinensischen Volks, indem sie die Kinder, die Krankenhäuser die Schulen und die menschlichen Beziehungen angreifen. Wir weigern uns ein Teil dieser Zerstörung zu sein. Wir rufen die deutsche Regierung, die EU und die internationale Gemeinschaft auf und sagen:

1. Keine deutsche Waffen für Massenmörder! Es kann nicht sein, dass ein Staat, der zu so einem mörderischen und zerstörerischen Akt fähig ist, Waffen für seinen Amoklauf bekommt.

2. Ende der Belagerung von Gaza – sofort! Alle Grenzübergänge müssen geöffnet sein und Israel darf nicht entscheiden, wie viel Kilokalorien eine Palästinenserin pro Tag essen darf. Die Belagerung von Gaza ist eine Erdrosselung der Lebenskräfte der palästinensischen Gesellschaft.

3. Führer Israels vor ein internationales Gericht! Wir fordern ein Ende der Kultur der Straflosigkeit, die mit Israel verbunden ist. Die Tatsache, dass Israel carte blanche von den USA und der EU bekommt, führt dazu, dass Israel sich maßlos verhält.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das internationale Recht, auch von vielen Juden, geschaffen, um solche Ausschreitungen gegen die Menschlichkeit zu vermeiden. Jetzt sehen wir, wie Israel die humanitären Errungenschaften der Juden mit brutalen Stiefeln zertritt. Das ist eine Schande und das ist für uns alle sehr bedrohlich. Deshalb rufen wir die deutsche Regierung auf, Israel dazu zu bringen, die Stiefel vom Nacken der Palästinenser zu nehmen. Iris Hefets, Jüdische Stimme, Berlin
24.09.2014 11:23h